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22.04.23

Das Holz macht den Klang



Von Anfängergitarren zu Meisterstücken.
Materialien: Das Holz macht den Klang.
Klang und auch der Preis einer Gitarre werden u. a. durch die verwendeten Tonhölzer beeinflusst. Das Rohholz für die Fichtendecke einer industriell gefertigten Gitarre der unteren Preisklasse stammt mit großer Wahrscheinlichkeit von einem schnell wachsenden Waldbaum, was an den unregelmäßigen Jahresringen zu erkennen ist. Das für hochwertige Meistergitarren ausgewählte Deckenholz stammt dagegen von langsam und gleichmäßig gewachsenen, freistehenden Fichten aus den oberen Gebirgsregionen. Gutes Tonholz muss zudem jahrelang in gut belüfteten, temperierten Räumen lagern und auf natürliche Weise trocknen, bevor es verarbeitet wird (manchmal 50 Jahre und länger).
Decke: Fichten- oder Zedernholz in seltenen Fällen auch Mammutbaum-(Sekoya) Arten.
Boden und Zargen: Palisander (Rio, indischer Palisander), Makkassar Ebenholz, Koa, Ahorn, Mahagoni, Zypresse, Nato, Gabun, Sipo, Nussbaum u. a. Arten.
Kopf und Hals: Mahagoni, Zeder, Ahorn, Wenge, Birne u. a. Arten
Griffbrett: Ebenholz, Palisander, Wenge, Ahorn u. a. Arten.
Querriegel: Ebenholz, Palisander, Ahorn u. a. Arten.
Decke: Fichte oder Zeder. In ganz seltenen Fällen Koa, Sequoia.
Grundsätzlich kann man sagen, dass 70% des Klanges einer Gitarre von der Beschaffenheit und Konstruktion der Tonholzdecke geprägt wird. Antonio Torres baute 1862 eine "Pappkarton-Gitarre", die mit einer guten massiven Fichtendecke (Fächerbeleistung) in einen Korpus aus versteiftem Pappkarton eingesetzt wurde. Das Ergebnis war verblüffend gut und gab seinen Theorien recht, dass die Decke den Hauptanteil am Klang einer Gitarre trägt.
Was er natürlich auch wußte: auch das Material von Boden, Zargen und Hals beeinflusst erheblich den Gesamtklang. Ferner spielen die Dimensionierung des Korpus (Maßverhältnisse aller Teile zueinander), die Materialstärke von Decke, Boden und Zargen, die Wahl des Leims und des Lacks, die Hals- und Korpus- Verbindung, die Art der Saitenführung, der Abstand der Saiten zum Griffbrett u. v. a. Details eine wichtige Rolle. Um aber den Toncharakter einer Gitarre entscheidend zu bestimmen, ist die Wahl des Holzes von übergeordneter Bedeutung.
Die Zederndecke: Das Holz der Zeder ist ein relativ weiches Holz. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass die Stärke der Decke nicht zu dünn dimensioniert ist. Sie klingt etwas härter, grober, lauter, und direkter als eine Fichtendecken-Gitarre. Im Vergleich zur Fichte braucht sie fast nicht eingespielt zu werden, d. h. nach relativ kurzer Spielphase (100 Spielstunden) ist ihr Ton voll entwickelt und ausgereift. Sie kommt dem Spieler in gewisser Weise entgegen, den auch ohne gesteigerte Aktivität bei der richtigen Behandlung, sind sofort gute Toneigenschaften zu vernehmen. Andererseits sind ihre klanglichen Entwicklungsmöglichkeiten und ihre tonliche Lebensdauer, etwa 60 - 80 Jahre, bedingt durch die Holzstruktur, geringer.
Die Fichtendecke: Das Holz der Fichte (Hochgebirge) ist im Gegensatz zum Zedernholz härter. Die Fichtendecke für eine Meistergitarre sollte möglichst feinjährig und gleichmäßig (enge Jahresringe) sein oder gar den begehrten Wimmerwuchs der Haselfichte aufweisen. Ihr Klangverhalten ist anfangs recht gedämpft, bedingt durch die Harzstruktur und die Holzfeuchtigkeit. Sie muss lange (manchmal über Jahre) in allen Tonarten eingespielt werden. Gut beratene Anfänger, die in den Besitz einer sehr guten Fichtendeckengitarre gekommen sind, sollten diese von einem erfahrenen Gitarristen über einige Monate einspielen lassen. Denn nur wenn die Gitarre richtig eingespielt wird, kann sich das gesamte Obertonspektrum entfalten. Ihr Kangverhalten ist weich und fein. Man sagt ihr einen seelischen Klang nach. Das bedeutet,dass der Einzelton deutlich Umriss aufweist. Somit sind ihre Entwicklungsmöglichkeiten außerordentlich. Hinzu kommt noch, dass der geübte Spieler seinen Ton auf solch einem Instrument mitentwickeln kann. Die tonliche Lebensbauer einer Fichtendeckengitarre erstreckt sich über weit mehr als hundert Jahre.
Die klanglichen Unterschiede zwischen beiden Instrumenten können durch konstruktive Details sowie durch Lack- und Holzwahl für Boden, Zargen und Hals verwischt werden. Dennoch lässt sich abschließend sagen, dass die voluminöse, brillante Power-Gitarre zumeist mit einer Zederndecke ausgestattet ist und die besinnlich, tragfähig, tonschöne Gitarre eine Fichtendecke hat.
Nicht wenige Gitarristen besitzen wenigstens ein Instrument jeder Gattung, um unterschiedlichen musikalischen Stilrichtungen und Raumverhältnissen auf besondere Weise gerecht zu werden.
Palisander: Der König der Korpushölzer. Eine REgel im Gitarrenbau besagt, dass die schwingende Decke aus relativ weichen, die tonreflektierenden Flächen von Boden und Zargen aus wesentlich härteren Holzarten bestehen muss. In früheren Epochen, wie heute auch noch im Streichinstrumentenbau, war Ahorn das begehrte Korpusholz. Die mit Ahorn als Koprusholz gebauten Gitarren und Lauten weisen einen ihrer Holzfärbung nach hellen charakteristischen Ton auf. Im Zuge der sich ausweitenden Handelsbeziehungen nach Übersee-Ländern wie Argentinien, Brasilien, Indien, Indonesien u. a. begann Palisander den europäischen Ahorn zu verdrängen und die Gitarre erhielt, entsprechend der dunklen Holzfärbung, einen dunkleren Ton.
Flamencogitarren haben seit alters her einen Korpus aus gelblich gefärbtem Zypressenholz und auch hier fällt erneut die Beziehung zwischen dem Ton der Gitarre und dem Farbton des Holzes auf. Gitarren in den unteren Preisklassen werden aus den relativ weichen Oberflächenhölzern der Mahagoniarten (Nato, Gabun, Sapeli, u. a.) hergestellt. Auch Nußbaum und sogar Birke werden als Korpusholz, alternativ zu Mahagoni, verarbeitet. Hölzer wie das rötliche Budinga oder auch das braune Wenge werden von einigen Herstellern als Palisander-Ersatz verwendet. Allerdings sei abschließend zu bemerken, dass keines der erwähnten Hölzer an die Strahlkraft und Tragfähigkeit von Palisander heranreicht.
Schlusswort:
Auch wenn man die Hoffnung hegen kann, dass teure Instrumente auch gleichzeitig gute Instrumente sind, ist der Preis kein verlässlicher Indikator für Qualität. Die Gründe für den hohen Preis eines Instrumentes sollten in der Qualität der Materialien und der handwerklichen Arbeit zu suchen sein und nicht in den Kosten ihrer Vermarktung.
Man kann auch "Fabrik-Gitarren" nicht unbedingt von allen ernsthaften Untersuchungen ausschließen, C. F. Martin und Jose Ramirez III haben hinlänglich das Gegenteil bewiesen. Das Gleiche gilt für Instrumente von Yamaha und Takamine und vielen anderen Herstellern. Beide Firmen haben einen guten Ruf erlangt, indem sie Instrumente von gleichbleibend guter Qualität in Masse hergestellt haben. Es besteht aber kein Zweifel, dass im letzten Jahrhundert professionelle Gitarristen auf Instrumenten von Jose Ramirez (Nylonsaiten) und C. F. Martin (Stahlsaiten) mehr gespielt haben als auf Gitarren anderer Hersteller.
Eine Gitarre, und selbst die einfachste, muss ihren Besitzer motivieren: Sie muß ihn verlocken, sie in die Hand zu nehmen und zu spielen. Ist dies nicht der Fall, war es kein guter Kauf.